Wer überleben wollte, der musste in den Anfängen der Menschheit schnell, stark und gesund sein. Je stärker und schneller der Mensch war, desto größer die Überlebenschancen. Über Tausende von Jahren hat sich daran nichts geändert.
Selbst zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch war die körperliche Leistungsfähigkeit die Voraussetzung, um seinen Lebensunterhalt zu sichern. Dabei lag allein die durchschnittliche Gehstrecke des Menschen zwischen 17 und 20 km am Tag. Zum Vergleich: Heute geht der Mensch im Durchschnitt noch ganze 1000 m.
Legt man für das Gehen eine Geschwindigkeit von 5 bis 6 km/h zugrunde, war der Mensch zu Beginn des 20. Jahrhunderts täglich drei bis vier Stunden zu Fuß unterwegs. Selbst wenn wir es wollten, wer könnte sich einen solchen Luxus heute noch leisten? Bewegung bringt uns nicht mehr vorwärts, Bewegung hält uns auf.
Mit der Behauptung, Bewegung könne in unserer modernen Geschäftswelt den Bewegungsmangel nicht mehr kompensieren, soll nicht der Wert eines erholsamen Abendspazierganges in Frage gestellt werden. Bewegung ist im Hinblick auf die körperliche Leistungsfähigkeit und die Gesundheit immer sinnvoller, als den Abend mit einer Tüte Erdnüsse vor dem Fernseher zu verbringen. Unseren derzeitigen Bewegungsmangel allerdings kann ein Abendspaziergang nicht ausgleichen.
Der erste entscheidende Einschnitt im Bewegungsverhalten der Menschen erfolgte nach dem zweiten Weltkrieg. Im Jahre 1958 entwickelte sich laut Professor Wildor Hollmann der Herzinfarkt in Deutschland von einem unbekannten Phänomen zur häufigsten Todesursache. 1958! Das Ende der fünfziger Jahre. Die Wirtschaftswunderzeit!
Nach den harten Kriegsjahren waren die Regale wieder voll und für den Weg zur Arbeit nahm man ab jetzt den Wagen. Zwar wurde durch den technischen Fortschritt das Leben erheblich leichter, aber gesundheitliche Folgen wie der Herzinfarkt stellten erstmals auch die Kehrseite der Medaille dar.
Ein weiterer gravierender Einschnitt in das Bewegungsverhalten der Menschen vollzog sich im Jahre 1990. Innerhalb eines Jahres explodierte das Körpergewicht der Deutschen, und zwar ohne dass im Durchschnitt mehr gegessen wurde. Was war passiert?
Durch die Einführung des Computers wurde die Bewegung nochmals drastisch reduziert. Mit dem Unterschied allerdings, das man 1958 zumindest 21 Jahre alt sein und über das nötige Kleingeld verfügen musste, um ein Auto fahren zu können, während es seit 1990 schon die Jüngsten sind, die vor dem Computer hocken.
Seit Menschengedenken spielte sich das Leben zwischen den Polen „Sicherheit“ und „Abenteuerlust“ ab. Dabei diente die Abenteuerlust der Vorbereitung auf die Jagd. Auch wenn für das Überleben in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Niemand mehr auf die Jagd gehen musste, so lebten die Kinder ihre Abenteuerlust doch in der Regel noch auf dem Spiel- oder Fußballplatz aus.
Die Kinder von heute dagegen setzen für ihr Abenteuer häufig keinen Schritt mehr vor die Tür. Sie ziehen sich den Spaß am Abenteuer auf den Joystick und leben ihn virtuell am Bildschirm aus. Für ihre körperliche Widerstands- und Leistungsfähigkeit ist diese Entwicklung eine Katastrophe. Zu glauben, die Entwicklung sei umkehrbar, ist unrealistisch. Den Kindern heutzutage Computerspiele zu verbieten, ließe sie den Anschluss an die Zeit verpassen.
Weil die Zeit sich nicht zurückdrehen lässt und weil allein aus zeitlichen Gründen die Bewegung nicht mehr ausreicht, um den Bewegungsmangel zu kompensieren, gibt es für den Ausgleich unseres heutigen Bewegungsmangels nur eine Lösung: Zeitoptimiertes Bewegen durch Muskeltraining. Muskeltraining ist längst nicht mehr alleinige Angelegenheit des Sports. In unserer heutigen technisierten Zeit ist Muskeltraining vielmehr zu einem unverzichtbaren Bestandteil der Körperpflege geworden.
... ist Körperpflege! Für die Gesunderhaltung unserer Zähne haben wir längst akzeptiert, dass die tägliche Zahnpflege unerlässlich ist. Aber auch das war ein langer Lernprozess und Kleinkindern muss das regelmäßige Zähneputzen auch heute noch mühsam anerzogen werden, bis sich daraus eine gesunde Gewohnheit entwickelt.
Dabei sind gesunde Zähne geradezu Luxus im Vergleich zur Wichtigkeit gesunder Muskeln. Schließlich gebrauchen wir unsere Muskeln schon, wenn wir unsere Milchzähne noch nicht haben, und wir werden unsere Muskeln auch noch gebrauchen, wenn wir unsere natürlichen Zähne längst verloren haben. Für Zähne gibt es zudem entsprechenden Ersatz. Den allerdings wird es für unsere Muskeln voraussichtlich auch in den kommenden 1.000 Jahren nicht geben.
Allen, die bis ins hohe Alter fit und gesund bleiben wollen, empfehle ich daher gezieltes Muskeltraining unter professioneller Anleitung.
Leistungsphysiologisch betrachtet ist der Muskel das Erfolgsorgan. Damit ist gemeint, dass die übrigen Organe die Aufgabe haben, den Muskeln zuzuarbeiten. Insofern stellen die Belastungen, die der Muskel an das Organsystem stellt, den Auftrag an die Organe dar, ihre Leistungs- und Widerstandsfähigkeit zu erhöhen. Ein schönes Beispiel dafür ist die Hornhaut. Durch die Belastung, die die Muskelarbeit auf die Haut an den Händen ausübt, stellt der Muskel den Auftrag an den Körper, die Belastbarkeit der Hände zu erhöhen. Über die Bildung von Hornhaut führt die Muskelarbeit also zu leistungs- und widerstandsfähigeren Händen. Wer Büroarbeit verrichtet, dem fehlt diese Widerstandsfähigkeit.
Um es auf einen einfachen Nenner zu bringen: Wer aufgrund fehlender Kraft aus dem Sessel nicht mehr hoch kommt, der wird nicht nur seine Muskeln, sondern mit ihnen die Leistungs- und Widerstandsfähigkeit seines gesamten Organsystems einbüßen. Jüngste Forschungsergebnisse beweisen, dass der Muskel nicht einfach nur Bewegungen ausführt, sondern über Botenstoffe mit den anderen Organen kommuniziert. Über seine Aktivität nimmt der Muskel Einfluss auf Bluthochdruck, Herzerkrankungen, Diabetes, Krebs, Depression, Osteoporose, Demenz und Alzheimer. Wissenschaftler sehen im Muskel inzwischen das komplexeste Organ nach dem Gehirn.
Aber unser Muskel spielt nicht nur als das Erfolgsorgan unseres Organsystems eine wichtige Rolle. Unsere Muskelkraft ist es auch, die unseren Körper aufrecht hält und unsere physiologische Haltung verleiht. Bei jeder Haltungsschwäche, die Ursache ist für die Mehrzahl unserer heutigen Rückenprobleme, handelt es sich insofern immer um eine Schwäche der Muskeln.
Nur kräftige Muskeln puffern die Stöße auf die Bandscheiben im Alltag ab und stützen die Wirbelsäule in ihrer physiologischen Form. Und so, wie der Muskel die Wirbelsäule stützt, so schützt und schont er auch die Gelenke. Je schwächer der Muskel wird, umso größer wird das Spiel im Gelenk. Hat das Gelenk Spiel, schlägt es bis es regelrecht ausgeschlagen ist.
Nur ein starker Muskel umspannt das Gelenk und hält es fest zusammen. Durch das geringe Spiel im Gelenk wird der Verschleiß vermindert und die Gelenke bleiben gesund. Gesunde und leistungsfähige Gelenke wiederum sind die Voraussetzung für ein schmerzfreies Bewegen. Sich schmerzfrei bewegen zu können ist wiederum eine der wichtigsten Voraussetzungen für ein ausreichendes Maß an Bewegung.
Der Fitnessführerschein erläutert allen Teilnehmern diese Zusammenhänge, stellt die Lösungen für die Problematik vor und hilft dabei individuelle Verhaltensänderungen einzuleiten.